SEGELN, REISEN, LEBEN
Auf Weltreise mit unserem Segelboot

(39) Entlang der Küste Panamas, zur Shelter Bay Marina

Der Wind bläst ordentlich aus Nord-West, das bedeutet für uns, es wird heute wohl ein Segeltag der sportlichen Variante. Gleich von Beginn an starten wir mit gerefften Segeln und nehmen Am-Wind-Kurs in Richtung Panama. So viel Schräglage hatten wir nicht mehr seit den Törns zwischen den Windward Islands.
Glücklicherweise stimmt jedoch heute die Vorhersage und der Wind beruhigt sich im Laufe des Tages. Am Nachmittag erreichen wir schon unseren Ankerplatz in der Linton Bay vor dem Ort Puerto Lindo. Zusammen mit Olaf & Moni fahren wir an Land, um bei dem örtlichen Yachtausrüster in der Linton Bay Marina nach passender Navigationselektronik Ausschau zu halten, leider Fehlanzeige. Wir kehren noch auf ein Getränk in das Marina Lokal ein. Da es sich hier doch recht gut aushalten lässt und auch die Speisekarte einige Leckereien verspricht, beschließen wir kurzerhand den Abend hier zu verbringen. Das war auch gut so, denn mit dem nachlassenden Wind, wird es rollig im Ankerplatz und die Nacht ist nicht so angenehm wie erhofft. Es rollt uns so unangenehm hin und her, dass wir schon kurz nach Tagesanbruch den Anker einholen und unser Frühstück auf See, unter Segeln genießen. Kurz darauf folgt uns auch schon die Belle Amie, die beiden hat es wohl ebenfalls früh aus dem Bett “gerollt”.
Das nächste Ziel auf unserer Route ist der, aus der spanischen Kolonialzeit bekannte Ort Portobelo. Alte Festungsanlagen entlang der Bucht bezeugen, dass der Ort einst von strategischer Bedeutung war. Der Ankerplatz vor der alten “San Fernando” Festung bietet guten Halt und ist auch vor Wind und Schwell geschützt. Die nächsten Nächte versprechen also wieder ruhigen Schlaf.
Ruhig ist hier jedoch relativ, Freunde von uns waren vor einigen Wochen bereits hier und berichteten uns von lautem Gebrüll aus dem umliegenden Dschungel. Kaum angekommen hören wir es selbst, ein lautes und vielstimmiges Gebrüll, so etwas haben wir noch nie gehört, irgendwie beängstigend, aber gleichzeitig auch faszinierend und schön. Ursprung des martialischen Gebrülls sind mehrere Familien von Brüllaffen, die hier heimisch sind. Das müssen wir uns natürlich aus der Nähe anschauen, also dauert es nicht lange bis unser Beiboot schwimmt und wir an Land fahren. Der Weg führt uns durch die beeindruckende Festungsanlage, von wo aus noch immer große Kanonen die gesamte Bucht überblicken. Portobelo war unter anderem ein Hafen der spanischen Silberflotte. Nicht selten wurde der Ort daher, trotz der schützenden Festungsanlagen, von Piraten heimgesucht und überfallen. Unter anderem von den berühmten Piraten, Sir Francis Drake und Henry Morgan. Nach dem beeindruckenden Fort lockt uns die Geräuschkulisse der Brüllaffen weiter den Hügel hinauf zur oberen Geschützstellung. Wir kommen nur langsam voran und das nicht, weil wir mit Flip Flops durch den Dschungel klettern, sondern weil wir ständig stehen bleiben, um die Natur zu bestaunen. Mehrere Ameisenstraßen, die eher einer mehrspurigen Autobahn am Frankfurter Kreuz gleichen, queren unseren Weg. Unermüdlich transportieren unzählige Blattschneiderameisen Blätter, Blüten und vieles mehr von A nach B. Die Pfade der Ameisen auf dem Waldboden sind regelrecht ausgetrampelt. Wir fühlen uns ein bisschen wie live in einer Wildlife Dokumentation. Auf halbem Weg zurück durch den Dschungel haben wir dann tatsächlich noch Glück und sehen gleich mehrere Brüllaffen. Eine ganze Affenfamilie klettert von Ast zu Ast und springt über unseren Köpfen von Baum zu Baum. Teilweise klammern sich noch Jungtiere an den Rücken der Mutter. Was für ein tolles Erlebnis. Weiter geht es mit einer Dinghy Fahrt durch die Mangroven, ein Fluss führt uns ein Stück ins Landesinnere, entlang  üppiger Vegetation, bis zu einem kleinen See. Entlang des Sees gibt es kleine Einschnitte, die mitten wie durch Mangrovengewächse 
In Panama beginnt die Regenzeit, jeden Tag wechseln sich also in regelmäßigen Abständen Starkregen und Sonnenschein. Die Luftfeuchtigkeit liegt inzwischen dauerhaft bei über 80% und in den Sonnenstunden ist es gleich so heiß und schwül, dass wir schwitzen wie selten zuvor. Dennoch wollen wir uns, sobald der Himmel aufklart, natürlich auch den Ort Portobello anschauen. Ein sympathischer Italiener betreibt hier eine kleine Pizzeria direkt am Wasser, mit eigener kleiner Anlegestelle. Hier können wir unser Beiboot sicher festmachen. Im Gegenzug nehmen wir selbstverständlich ein Getränk und reservieren auch gleich einen Tisch für den kommenden Abend. Eine schlaue Sache mit dem kleinen Anleger, Umsatzsteigerung durch Segler.
In Portobello erkunden wir das am Ortsrand gelegene Fort Santiago und das Fort San Jeronimo. Auch hier sind die verbliebenen großkalibrigen Kanonen noch auf die Bucht ausgerichtet. Das Fort San Fernando, wo wir gestern waren, liegt gleich auf der gegenüberliegenden Seite der Bucht. Es ist also kaum vorstellbar, in welches Kreuzfeuer die Piratenschiffe gerieten und zugleich äußerst beeindruckend, dass es manche von Ihnen dennoch geschafft haben, die Stadt von Seeseite aus einzunehmen. Die Festungsanlagen sind inzwischen UNESCO Weltkultur- und Naturerbe. Leider hat der Ort trotz des schönen Namen Portobelo nicht viel mehr zu bieten, eher im Gegenteil. Im Ort ist sehr viel Zerfall sowie Armut zu sehen und wir werden oft von einheimischen Menschen auf eine seltsame Art und Weise angeschaut oder angesprochen. Insgesamt fühlen wir uns nicht wirklich wohl und gehen daher auf direktem Wege zurück zur Pizzeria, wo unser Schlauchboot auf uns wartet. Für uns war das der erste Ort, den wir in Mittelamerika betreten und wir hoffen, dass sich dieser erste Eindruck noch etwas ins Positive ändern wird. Portobelo ist für uns die letzte Ankerbucht auf der atlantischen bzw. karibischen Seite dieses Kontinents. Wir gehen also ein letztes Mal Anker auf und verlassen Portobelo sowie das Karibische Meer. Nur noch wenige Seemeilen trennen uns von der Stadt Colon, direkt am Panamakanal. Wind ist für heute wenig bis gar nicht gemeldet, dafür schüttet es wie aus Eimern. Unter Motor bewegen wir uns in Richtung Panamakanal. Aufgrund der schlechten Sichtweite schalten wir unsere Navigationsbeleuchtung ein sowie Radar und AIS ein. Die ersten Ozeanriesen, Tank- und Frachtschiffe in Wartestellung sind schon vor dem Panamakanal Breakwater zu erkennen. Glücklicherweise hört es eine halbe Stunde vor Ankunft auf zu regnen und auch die Himmel ist nicht mehr grau in grau.
Der große Industriehafen von Colon sowie die Einfahrt zum Panamakanal sind durch einen künstlich angelegten Schutzdamm aus Betonteilen und großen Steinen gegen Wellen geschützt. Bevor wir in den Hafenbereich einfahren dürfen, müssen wir uns über Funk bei der zuständigen Küstenfunkstelle “Cristobal Signal Station” anmelden und die Einfahrerlaubnis erfragen. Die Zufahrt vom- und zum Panamakanal wird durch ein sogenanntes Verkehrstrennungsgebiet geregelt, also festgelegte Fahrspuren für Schiffe. Wir manövrieren uns entlang der wartenden Frachtschiffe und erhalten über Funk die Erlaubnis zur Einfahrt auf dem Weg in die Shelter Bay Marina. Genau in der Einfahrt kommt uns ein riesiges Containerschiff entgegen, das geradewegs aus dem Panamakanal kommt. Eine ewig lange Wand aus Stahl, aufgetürmt mit Containern aus aller Welt und dreifacher Geschwindigkeit fährt an uns vorbei. Wahnsinn! So dicht kommen wir einem fahrenden Containerschiff normalerweise nicht. Kurze Zeit später funkt Janine die Shelter Bay Marina an und gibt durch, dass wir uns in der Zufahrt zur Marina befinden. Wir bekommen einen Platz zugewiesen, wo wir die nächsten Tage fest am Steg liegen werden. Damit ist für uns das Kapitel Atlantik und Karibik erledigt und wir bereiten uns auf die Durchquerung des Panamakanals sowie die anschließende Pazifiküberquerung vor. 

 
Instagram