Unsere SEVEN liegt zusammen mit der Belle Amie im gut geschützten Hafen der Shelter Bay Marina. Die Marina sowie das umliegende Gelände gehören zum Fort Sherman, einem ehemaligen US-Navy Standort, welcher heute noch militärisch genutzt wird. Zwar nicht mehr von US-Truppen, sondern dem Militär aus Panama. Auf dem Gelände, unweit des eigentlichen Hafens, befinden sich verlassene Bauwerke wie Häuser, Kirchen, ein Kino und weitläufige Bunkeranlagen. Allesamt seit Jahrzehnten verlassen. Ein älterer Mitarbeiter der Marina kennt sich in der Gegend bestens aus und nimmt uns mit auf einer Tour durch das Gelände. Der Weg führt uns entlang verlassener und verfallener Häuser, durch den Dschungel, in die gut versteckte Bunkeranlage. Wir erfahren auf dem Weg einiges über die hier lebenden Tiere, darunter Brüllaffen, Ameisenbären und Faultiere, sowie auch über die militärische Vergangenheit. Eine nette Abwechslung zum Marina Alltag.
Der Alltag besteht größtenteils darin kleine Arbeiten zu erledigen, dem Boot eine Grundreinigung zu verpassen. Jedes Staufach wird ausgewischt und neu sortiert, bereits gekaufte Vorräte werden ausgepackt, beschriftet und verstaut. Einkaufen bzw. proviantieren funktioniert hier recht gut, die Marina bietet für ein paar US-Dollar einen Shuttleservice nach Colon, der nahegelegenen Großstadt. Die Fahrt dauert ca. 30-40 Minuten und führt durch das ex-Militärgelände sowie über die Atlantikbrücke des Kanals zu einem großen Einkaufszentrum.
Hier können wir alles Nötige einkaufen und das sogar zu überwiegend erschwinglichen Preisen. Nachdem die ersten Großeinkäufe verstaut sind, fällt uns auf, dass wir unser Lagerkonzept nochmal überdenken müssen, die Wasserlinie von unserem Boot stimmt nicht mehr.
Die SEVEN ist viel zu buglastig, wir liegen also mit der Spitze zu tief im Wasser, was sich negativ auf die Segeleigenschaften und somit auch die Sicherheit auswirken würde. Also verbringen wir einen ganzen Tag damit alles wieder aus und von rechts nach links bzw. von vorne nach hinten zu räumen, herrlich bei dem Klima hier… Es ist brutal heiß und schwül dazu weiterhin eine sehr hohe Luftfeuchtigkeit. Aber es nützt nichts, die Dinge müssen erledigt werden. Neben der Bootsarbeiten und den Einkaufstrips genießen wir die Zeit in der Marina. Wir treffen hier wieder auf einige Freunde unserer Atlantik Flottille und lernen neue Segler kennen, die ebenfalls auf dem Weg in Richtung Pazifik sind. Wir verbringen also den ein oder anderen gemeinsamen Abend im Marina Restaurant, der Grill Ecke und auch wieder schöne, gesellige Stunden auf der Belle Amie. Eines Nachmittages haben wir hier auch Gesellschaft der etwas anderen Art, am gegenüberliegenden Ufer liegt ein kleiner Cayman auf einem Stein und genießt die Sonnenstrahlen. Der Kleine ist wohl nicht das einzige Reptil hier in der Marina, auch ein ausgewachsenes Krokodil mit Jungtieren soll hier heimisch sein. Vom Schwimmen in der Marina wird also abgeraten… 😊
Einen weiteren Tag verbringen wir damit, unseren Blitzschaden zu beheben. Die neue Navigationselektronik muss eingebaut und verkabelt werden, die benötigten Ersatzteile konnten wir bereits in den USA bestellen. Alles funktioniert wieder rechtzeitig und dann ist es auch schon so weit. Wir fahren mit dem eigenen Boot durch den Panamakanal! Terminiert sind wir für den späten Nachmittag. Wir verlassen also die Marina und fahren gemeinsam mit zwei weiteren Segelbooten in die vorgesehene Wartezone, um den jeweiligen Lotsen an Bord zu nehmen. Insgesamt sind sechs Leute an Bord. Micha als Schiffsführer, Janine, Olaf, Moni und Bende (unser ungarischer Freund von der L`egaloupio) als Leinenpersonal sowie ein Lotse. Alle drei Segelboote werden längsseits aneinander vertäut und als 3er Päckchen durch die ersten drei Schleusen gebracht. Wir sind jedoch nicht allein in der Schleusenkammer, denn wenige Meter vor uns befindet sich ein großes Frachtschiff. Die SEVEN ist in Fahrtrichtung rechts vertäut und somit verantwortlich für die Bug- und Heckleine an Steuerbord. Gerade beim Hochschleusen hat das Leinenpersonal alle Hände voll zu tun. Das mittlere Boot hingegen muss nichts weiter tun, als in die nächste Schleusenkammer zu fahren. Eine gute Stunde und einige Schweißperlen später sind die ersten drei Schleusen geschafft. Inzwischen ist es bereits dunkel und wir verbringen die Nacht, angebunden an einer großen Boje auf dem Gatun Stausee. Wahrscheinlich das erste Mal für unser Boot, dass es im Süßwasser schwimmt. Schon früh am nächsten Morgen geht es weiter. Kaum ist der Lotse wieder an Bord, geht auch schon der Motor an, die Leinen werden gelöst und wir fahren durch die Seenlandschaft. Die Fahrt bis zu den letzten drei Schleusen dauert einen halben Tag und es bleibt etwas Zeit, um das umliegende Naturschutzgebiet zu bewundern. Dichte Urwälder säumen die Uferbereiche es wimmelt von Seevögeln und ab und an können wir sogar ein Krokodil schwimmen sehen. Alles ist hier gut organisiert und terminiert. Zu einem bestimmten Zeitpunkt müssen wir am Wartebereich sein, denn dort wird der Kanal so eng, dass lediglich Einbahnstraßenverkehr erlaubt ist. Danach kommen wir in die letzten drei Schleusen und werden wieder mit zwei weiteren Segelbooten aneinandergebunden. Dieses Mal befindet sich ein Frachtschiff hinter uns in der Schleusenkammer. Ein echt bedrohlicher Anblick, wenn der Ozeanriese, der gerade so in die Schleusenkammer passt, nur wenige Meter hinter unserem Heck zum Stehen kommt. Dann geht es auch schon los, wir werden auf das Wasserlevel des Pazifischen Ozeans herabgeschleust.
Die Webcam der vorletzten Schleuse überträgt alle paar Sekunden ein Livebild, wo uns einige Freunde und Familie nun “live” sehen können. Als sich das letzte Schleusentor zum Pazifik öffnet, verspüren wir Gänsehaut. Wir haben es geschafft, wir sind im Pazifischen Ozean angekommen, für uns ein ganz besonderer Moment.
Nachdem die drei Segelboote losgebunden sind, gehen auch kurze Zeit später der Lotse und das Leinenpersonal von Bord. Dies ist gleichzeitig auch der Abschied von Olaf & Moni. Ein emotionaler Moment, vor dem wir uns schon gefürchtet haben. Wir haben viel Zeit zusammen verbracht und die Beiden sind uns sehr ans Herz gewachsen. Aber auch wenn sich unsere Wege hier erst einmal trennen, wir bleiben in Kontakt und werden uns ganz sicher irgendwann in Deutschland wiedersehen. Macht es gut Ihr Beiden, vielen Dank für die großartige Zeit, bleibt gesund und bis bald!
Für uns geht es noch ein Stück weiter und nach den ersten 5 Seemeilen im Pazifik, erreichen wir schon den Ankerplatz vor Panama City. Vor einer Großstadt mit Skyline haben wir auch noch nie geankert. Es ist für uns nicht gerade der schönste Ankerplatz, dafür jedoch überraschend ruhig. Bis auf das Wetter… passend zur Regenzeit kommen täglich nicht nur Regenschauer vorbei, mindestens ein Mal am Tag zieht auch eine Gewitterfront über Panama City. Was eigentlich ein spektakuläres Naturschauspiel wäre, ist für uns an Bord immer eine Bedrohung. Wir haben jedoch Glück und die Fronten ziehen nie direkt über die Ankerbucht.
Ein paar Tage später, nachdem wir die letzten Einkäufe und frische Lebensmittel an Bord gebracht haben, lichten wir den Anker und fahren in die Marina Flamenco zum Tanken. Zusammen mit unseren Freunden von der L´egaloupio warten wir auf die Einfahrerlaubnis per Funk. Wie auch auf dem Atlantik füllen wir zusätzliche Dieselkanister sowie Benzinkanister auf. Denn wir wissen nicht, wo und wann wir das nächste Mal eine Tankstelle in der Nähe haben werden. Insgesamt befinden sich somit 360L Diesel für den Motor und 40L Benzin für den Außenborder und Generator an Bord.
Noch ist das Wetter nicht passend, um die Überquerung zu starten, daher fahren wir erst einmal in das ca. 40 Seemeilen entfernte Las Perlas Archipel. Leider haben wir wenig Wind und müssen mit dem Motor zurücklegen. Dafür blitzt es am Horizont wieder einmal zuverlässig. Wir freuen uns sehr darauf das Gebiet mit den andauernden Gewittern bald hinter uns zu lassen. Ca. 10 Seemeilen vor der Insel Contadora kommt endlich Wind auf und wir setzten die Segel. Der Himmel wird jedoch immer dunkler, weshalb wir den Motor weiter mitlaufen lassen, um schnellstmöglich anzukommen und es hoffentlich vor dem näherkommenden Gewitter zu schaffen. Doch Mutter Natur ist mal wieder schneller und kurze Zeit später finden wir uns mitten im Gewitter und Starkregen wieder. Der Wind tobt plötzlich und Blitze schlagen ringsherum ins Wasser. Glücklicherweise geht dieses Mal jedoch nichts kaputt und wir kommen mit einem leichten Schrecken davon. Das Gewitter zieht weiter und wir ankern sicher vor der Insel Contadora. Am nächsten Tage segeln wir weiter in eine gut geschützten Ankerbucht vor der Isla Mogo Mogo und verbringen die Zeit damit unser Unterwasserschiff nochmal zu säubern, alle Tanks mit Trinkwasser aufzufüllen und ein paar Drinks mit unseren Freunden am Strand zu nehmen. Es hat sich auch hier wieder eine Flottille aus sechs Booten gebildet. Unsere beiden australischen Freunde auf Pangea und Libby, eine Schweizer Crew auf der Cervino, die beiden ungarischen Doctors auf L´egaloupio, ein deutsches Boot Tarpan und wir mit unserer Seven. Alle zusammen besprechen wir täglich die aktualisierten Wettermodelle und sind uns schließlich bald einig. Der erste kritische Abschnitt bis zu den Galapagos Insel sieht gut aus. Die Gewitterwahrscheinlichkeit ist recht gering und es soll etwas Wind geben. Es wird also Zeit Mittelamerika zu verlassen und die längst Passage unserer Reise anzutreten.